Jedes Entwicklungskonzept beginnt mit einer Analysephase. Neben der Sichtung und Analyse vorhandener Daten sah die REK-Lenkungsgruppe auch den Besuch aller Ortsgemeinden, der Städte und ihrer Stadtteile vor. 46 Ortsgemeinden, 2 Städte, 7 Stadtteile der Stadt Montabaur hat das IfR im Auftrag der Lenkungsgruppe besucht und dabei viele Eindrücke und Erkenntnisse gesammelt.
Die Besuche sind wichtiger Bestandteil der
Analysephase. Nur wenn man vor Ort ist, kann man die Gegebenheiten wirklich
verstehen und die Atmosphäre erspüren, Eindrücke sammeln. „Wir haben mit den
Bürgermeistern und Ortsvorstehern über erkennbare Probleme und daraus
entstehenden Handlungsdruck gesprochen. Aber auch über Entwicklungschancen und
Zukunftsideen.“, fasst Andrea Soboth vom IfR die Gespräche zusammen.
Siedlungsentwicklung
Ein wichtiges Thema in allen Orten der Verbandsgemeinden Diez und Montabaur ist sicher die Frage, wie man zukünftig mit der Siedlungsentwicklung umgeht. Wie soll die Balance zwischen Ortskernen und Neubaugebieten am Ortsrand geschaffen und gehalten werden? Wo spielt sich das Leben im Dorf, in der Stadt ab? Die Bedeutung der Innenentwicklung von Ortskernen oder Stadtkernen wird dabei zunehmend wichtiger. Auch wenn dies heute in der Summe noch undramatisch zu sein scheint, in Einzelfällen ist der Problemdruck schon jetzt hoch. „Wir haben sehr viele leer stehende Häuser entlang der Bundesstraße, die durch Holzappel führt. Hier ist es sehr schwer eine Nachnutzung zu realisieren.“, so Ortsbürgermeister Harald Nöllge.
Von vereinzelt leer stehenden Häusern wissen auch andere Ortsbürgermeister in beiden Verbandsgemeinden zu berichten. Kopfzerbrechen macht jedoch mehr der Leerstand, der in Zukunft zu erwarten ist. Es gibt viele Häusern, in denen allein stehende ältere Menschen leben, deren Kinder schon längst weggezogen sind oder selbst gebaut haben. Hier ist eine Nachfolgenutzung der Wohngebäude zunächst nicht abzusehen.
In einigen Ortsgemeinden gibt es Wohnlagen, die vom Durchgangsverkehr belastet sind. Hier kommt es vor allem bei älteren und schwierig zu sanierenden Gebäuden zu Leerständen, die zum Teil nur durch Abriss gelöst werden können. Für eine weitere Nutzung der Immobilie oder des Grundstücks ist es oft entscheidend, in welcher Ortsgemeinde, also in welcher Verkehrslage sich das Objekt befindet. Insbesondere in den Dörfern, die von den Verkehrsachsen entfernt liegen, „ruht“ die Nachfrage.
Aktivierungsstrategien der Innenentwicklung sind daher in beiden Verbandsgemeinden heute schon wichtig, um Zukunft gemeinsam auf den Punkt bringen zu können.
Altersgerechtes Wohnen
Ein anderes wichtiges Thema, was sich bereits jetzt schon abzeichnet, ist die Anpassung und der Umbau der Ortsgemeinden zu altersgerechten Wohnorten. „Wir beschäftigen uns in der Erstellung des REK intensiv mit den Auswirkungen des demographischen Wandels. Wir werden älter! Diese Aussage trifft auch auf die Verbandsgemeinden Diez und Montabaur zu. Daher wollten wir wissen, welche Initiativen und Angebote für ältere Menschen vor Ort bereits zu finden sind.“ berichtet Sven Lachmann vom IfR von den Gesprächen mit den Bürgermeistern und Ortsvorstehern während der Besuchstour.
Viele
Ortsgemeinden sind für ihre älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger schon heute aktiv.
Insbesondere in der Advents- und Karnevalszeit werden Seniorennachmittage und
ähnliches angeboten. Allerdings wurde in den Gesprächen auch deutlich, dass die
Situation für das Leben und Wohnen im Alter in den Dörfern eher schwieriger
wird. Läden schließen vermehrt ihre Türen, Kommunikationsorte in den Dörfern
werden weniger, altersgerechter Wohnraum findet sich kaum und gemeinschaftliche
Wohnformen wie Hausgemeinschaften oder Senioren-Wohngemeinschaften sind nicht
vorhanden. Maßnahmen, die der Vereinsamung von alten Menschen vorbeugen, werden
zukünftig eine wichtige Aufgabe für die Ortsgemeinderäte sein.
Aber es gibt auch positive Beispiele: Im Rathaus von Horhausen findet sich ein Café, das in den Räumlichkeiten der Ortsgemeinde für die Bürgerinnen und Bürger von Horhausen die Möglichkeit zum Austausch bei Kaffee und Kuchen bietet. Und für alle anderen auch. Ein neuer Kommunikationsort ist entstanden.
Ortsbürgermeister Klaus Hennemann und Jeanette Greub-Hofmann im Café im Rathaus von Horhausen (Bild: IfR)
Ein
anderes Beispiel ist Oberelbert. Hier gibt es einen Dorfladen, wo man
neben den
Dingen des täglichen Bedarfs auch eine Tasse Kaffee bekommen kann. Man
geht
einkaufen, trifft andere Menschen, erfährt Neuigkeiten: So ist der
Dorfladen nicht „nur“ eine Versorgungsstelle, sondern auch ein
zentraler Kommunikationsort. „Dies glückt allerdings nur, weil die
Bevölkerung
den Laden annimmt und als Kunden stützt.“, berichtet Ortsbürgermeister
Karl
Jung.
Lotto-Annahmestelle, Reinigungsservice, Paketdienst und vieles mehr. Der Dorfladen in Oberelbert bietet breiten Service und wird deshalb gut von der Bevölkerung gut angenommen. Bei der Eröffnung der Lotto-Annahmestelle: (v.l.) Ortsbürgermeister Karl Jung, Pächterin Carmen Pollmann und Daniel Dötsch von Toto Lotto.
In vielen Ortsgemeinden gehen die Überlegungen in die Zukunft. Ein attraktiver Wohnort für ältere Menschen will beispielsweise auch Ruppach-Goldhausen sein und werden. Deshalb hat sich der Ortsgemeinderat mit einem Fragebogen an die ältere Bevölkerung gewandt, um zu erfahren, welchen Bedarf oder Wünsche die Menschen haben. Neben Fahrdiensten und Hilfen bei Einkauf und Gartenarbeit wünschten sich die Befragten einen gemeinsamen Mittagstisch. Vieles wird sich im eigenen Dorf umsetzen lassen, andere Maßnahmen lassen sich nur gemeinsam, in Kooperation mit anderen Ortsgemeinden und Partnern erreichen
Altersgerechter Dorfumbau ist daher auch ein wichtiges regionales Thema, um Zukunft gemeinsam auf den Punkt bringen zu können.