Wahl der Schöffen und Jugendschöffen für die Amtszeit 2024 bis 2028

Im ersten Halbjahr 2023 werden bundesweit die Schöffen und Jugendschöffen für die Amtszeit von 2024 bis 2028 gewählt.

Gesucht werden in unseren Ortsgemeinden und der Stadt Diez Frauen und Männer, die am Amtsgericht Diez und Landgericht Koblenz als Vertreter des Volkes an der Rechtsprechung in Strafsachen teilnehmen.

Nach den Vorgaben des Präsidenten des Landgericht Koblenz müssen alle Gemeinden Personen für das Schöffenamt vorschlagen. Die Gemeindevertretung und der Jugendhilfeausschuss des Rhein-Lahn-Kreises schlagen doppelt so viele Kandidaten vor, wie an Schöffen bzw. Jugendschöffen benötigt werden. Aus diesen Vorschlägen wählt der Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht Diez in der zweiten Jahreshälfte 2023 die Haupt- und Ersatzschöffen.

Gesucht werden Bewerberinnen und Bewerber, die in der Gemeinde wohnen und am 01.01.2024 mindestens 25 und höchstens 69 Jahre alt sein werden. Wählbar sind deutsche Staatsangehörige, die die deutsche Sprache ausreichend beherrschen. Wer zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde oder gegen wen ein Ermittlungsverfahren wegen einer schweren Straftat schwebt, die zum Verlust der Übernahme von öffentlichen Ämtern führen kann, ist von der Wahl ausgeschlossen. Auch hauptamtlich in oder für die Justiz Tätige (Richter, Rechtsanwälte,  Polizeivoll-zugsbeamte, Bewährungshelfer, Strafvollzugsbedienstete usw.) und Religionsdiener sollen nicht zu Schöffen gewählt werden.

Schöffen sollten über soziale Kompetenz verfügen, d. h. das Handeln eines Menschen in seinem sozialen Umfeld beurteilen können. Von ihnen werden Lebenserfahrung und Menschenkenntnis erwartet. Die ehrenamtlichen Richter müssen Beweise würdigen, d. h. die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein bestimmtes Geschehen wie in der Anklage behauptet ereignet hat oder nicht, aus den vorgelegten Zeugenaussagen, Gutachten oder Urkunden ableiten können. Die Lebenserfahrung, die ein Schöffe mitbringen muss, kann sich aus beruflicher Erfahrung und/oder gesellschaftlichem Engagement rekrutieren. Dabei steht nicht der berufliche Erfolg im Mittelpunkt, sondern die Erfahrung, die im Umgang mit Menschen erworben wurde. Schöffen in Jugendstrafsachen sollen über besondere Erfahrung in der Jugenderziehung verfügen.

Das verantwortungsvolle Amt eines Schöffen verlangt in hohem Maße Unparteilichkeit, Selbstständigkeit und Reife des Urteils, aber auch geistige Beweglichkeit und – wegen des anstrengenden Sitzungsdienstes – gesundheitliche Eignung. Juristische Kenntnisse irgendwelcher Art sind für das Amt nicht erforderlich. Schöffen müssen ihre Rolle im Strafverfahren kennen, über Rechte und Pflichten informiert sein und sich über die Ursachen von Kriminalität und den Sinn und Zweck von Strafe Gedanken gemacht haben. Sie müssen bereit sein, Zeit zu investieren, um sich über ihre Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten weiterzubilden. Wer zum Richten über Menschen berufen ist, braucht Verantwortungsbewusstsein für den Eingriff durch das Urteil in das Leben anderer Menschen. Objektivität und Unvoreingenommenheit müssen auch in schwierigen Situationen gewahrt werden, etwa wenn der Angeklagte aufgrund seines Verhaltens oder wegen der vorgeworfenen Tat zutiefst unsympathisch ist oder die öffentliche Meinung bereits eine Vorverurteilung ausgesprochen hat. Schöffen sind mit den Berufsrichtern gleichberechtigt. Für jede Verurteilung und jedes Strafmaß ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in dem Gericht erforderlich. Gegen beide Schöffen kann niemand verurteilt werden. Jedes Urteil – gleichgültig ob Verurteilung oder Freispruch – haben die Schöffen daher mit zu verantworten. Wer die persönliche Verantwortung für eine mehrjährige Freiheitsstrafe, für die Versagung von Bewährung oder für einen Freispruch wegen mangelnder Beweislage nicht übernehmen kann, sollte das Schöffenamt nicht anstreben. In der Beratung mit den Berufsrichtern müssen Schöffen ihren Urteilsvorschlag standhaft vertreten können, ohne besserwisserisch zu sein, und sich von besseren Argumenten überzeugen lassen, ohne opportunistisch zu sein. Ihnen steht in der Hauptverhandlung das Fragerecht zu. Sie müssen sich verständlich aus-drücken, auf den Angeklagten wie andere Prozessbeteiligte eingehen können und an der Beratung argumentativ teilnehmen. Ihnen wird daher Kommunikations- und Dialogfähigkeit abverlangt.

Weitergehende Informationen erhalten Sie unter www.schoeffenwahl.de


Interessenten für das Schöffenamt in allgemeinen Strafsachen (gegen Erwachsene) können sich bis zum 31.03.2023 bei der

Verbandsgemeindeverwaltung Diez
- Schöffenamt -
Louise-Seher-Straße 1, 65582 Diez

bewerben. Nähere Informationen erhalten Sie unter der Tel. Nr. 06432-501268 oder unter

Ein Bewerbungsformular finden Sie nachstehend:



Interessenten für das Amt eines Jugendschöffen richten ihre Bewerbung bis zum 31.03.2023 an die

Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises
- Jugendamt -
Insel Silberau, 56130 Bad Ems. 

Ein Bewerbungsformular finden Sie nachstehend:


  • 10 Schritte zum Schöffenamt
    1. Als Schöffin bzw. Schöffe wirken Sie gleichberechtigt an der Hauptverhandlung in Strafsachen mit. Deshalb sollten Sie sich bei Ihrer Bewerbung für das Schöffenamt der Rolle und Verantwortung gegenüber Angeklagten, Öffentlichkeit und Geschädigten bewusst sein. Prüfen Sie anhand der Anforderungen an das Amt, ob Sie bereit und in der Lage sind, die Verantwortung für ein Urteil über andere Menschen zu übernehmen. Schöffen müssen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Wenn Sie die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik ablehnen, hören Sie auf zu lesen.

    2. Machen Sie sich sachkundig über das Schöffenamt – über die Rechte und Pflichten der Schöffen und auch zu Schwierigkeiten (z. B. mit dem Arbeitgeber), die das Amt mit sich bringen kann. Entscheiden Sie, ob Sie sich als Schöffin bzw. Schöffe in allgemeinen Strafsachen (gegen Erwachsene) oder in Jugendstrafsachen bewerben wollen. Jugendschöffinnen und -schöffen sollen neben den allgemeinen Voraussetzungen erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren sein. Auf der Webseite der PariJus gGmbH finden Sie Informationen, evtl. mit Links zu ausführlichen Darstellungen oder Hinweisen auf Informationsveranstaltungen für Interessenten.

    3. Füllen Sie das Bewerbungsformular aus. Das Formular enthält nicht nur Felder für die gesetzlich vorgeschriebenen Daten. Freiwillige Angaben über ihre Motivation zur Bewerbung sollen den Wahlgremien die Entscheidung über die Bewerber erleichtern. Sie können Ihre Bewerbung begründen oder den Wunsch äußern, bei einem bestimmten Gericht eingesetzt zu werden. Beim Landgericht kommen auch Einsätze in länger dauernden Umfangsverfahren in Betracht. Arbeitnehmer oder Unternehmer eines kleinen Betriebes können sich dann für das Schöffenamt beim Amtsgericht mit überschaubaren Verfahrensdauern bewerben. Zwar entscheidet erst der Schöffenwahlausschuss, wer zum Amts- oder Landgericht gewählt wird; er kann aber Ihren Wunsch bei entsprechender Begründung berücksichtigen, ist aber daran nicht gebunden.

    4. Oftmals ist es von Vorteil, sich von einer gesellschaftlichen oder politischen Organisation vorschlagen zu lassen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Verwaltung, ob eine Organisation, der Sie angehören, um Vorschläge gebeten wird. In einigen Gemeinden werden vorrangig Vorschläge berücksichtigt, die von den Fraktionen der Gemeindevertretungen, den sie tragenden Parteien bzw. politischen Vereinigungen oder von anderen gesellschaftlichen Organisationen (Kirchen, Gewerkschaften, Vereine usw.) gemacht werden. Diese können Sie auch vorschlagen, wenn Sie ihnen nicht angehören. Sie können auch Mitglieder der Gemeindevertretung oder des Jugendhilfeausschusses ansprechen und um Unterstützung der Bewerbung bitten.

    5. Mit Ihrer Unterschrift auf dem Bewerbungsformular erklären Sie Ihr Einverständnis, dass Sie mit der Verwendung Ihrer Daten im Wahlverfahren einverstanden sind und für den Fall der Wahl das Amt annehmen. Füllen Sie das Bewerbungsformular auch aus, wenn Sie von einer Organisation vorgeschlagen werden. Wenn Sie sich für das Schöffenamt in allgemeinen Strafsachen bewerben wollen, müssen Sie das Formular an die Verwaltung Ihrer Gemeinde schicken (lassen). Wenn Sie Jugendschöffin bzw. -schöffe werden wollen, muss das Formular an das für Ihre Gemeinde zuständige Jugendamt – ggf. beim (Land)Kreis – geschickt werden.

    6. Nur wenn Sie von der Gemeindevertretung bzw. dem Jugendhilfeausschuss mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit auf eine Vorschlagsliste gewählt wurden, können Sie im nächsten Schritt zur Schöffin bzw. zum Schöffen gewählt werden. Über die Aufnahme in eine Vorschlagsliste erhalten Sie Kenntnis, wenn die Listen für eine Woche öffentlich ausgelegt werden. Die Bekanntmachung der Termine erfolgt in ortsüblicher Weise (Aushang, Amtsblatt, Tagespresse, Internet). Wenn Sie auf der Vorschlagsliste stehen, können Sie ein Mitglied des Schöffenwahlausschusses, dem neben einem Amtsrichter und einem Vertreter der Verwaltung sieben Vertrauenspersonen angehören, von Ihrer Bewerbung überzeugen und um Unterstützung bitten.

    7. Die Vorschlagslisten enthalten mindestens die doppelte Zahl an Bewerbern; erst im Schöffenwahlausschuss wird die benötigte Zahl an Schöffinnen und Schöffen gewählt. Der Wahlausschuss entscheidet, wer am Amts- oder Landgericht und wer als Hauptschöffin oder -schöffe bzw. Ersatzschöffin oder -schöffe für die nächste fünfjährige Amtsperiode tätig sein wird. Wurden Sie vom Wahlausschuss Ihres Amtsgerichts gewählt, erhalten Sie als Hauptschöffin bzw. Hauptschöffe von dem Amts- oder Landgericht, bei dem Sie ab 1. Januar 2024 das Schöffenamt ausüben werden, ca. im November/Dezember 2023 eine Benachrichtigung über Ihre Wahl und Ihre voraussichtlichen Sitzungstermine für das Jahr 2024. Als Ersatzschöffin bzw. Ersatzschöffe erhalten Sie Nachricht von Ihrer Wahl und ggf. Ihrer Position auf der Ersatzschöffenliste.

    8. Wenn Sie nicht gewählt wurden, sollten Sie eine Benachrichtigung erhalten, verbunden mit einem Dank, für die Wahl zur Verfügung gestanden zu haben. Erhalten Sie bis spätestens Mitte Dezember 2023 keine Nachricht über Ihre Wahl, können Sie davon ausgehen, nicht berücksichtigt worden zu sein.

    9. Wenn Sie als Schöffin bzw. Schöffe gewählt wurden, sollten Sie sich grundlegend über das richterliche Ehrenamt informieren. In der Regel finden an den Gerichten zu Beginn der Amtsperiode Einführungsveranstaltungen bzw. Unterweisungen statt. Darüber hinaus können Sie an Weiterbildungsveranstaltungen der Volkshochschulen, kirchlichen, sozialen oder politischen Bildungseinrichtungen teilnehmen. Zu Beginn der Amtszeit sollten Sie Ihre Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten (Fragerecht und -technik, Beratung, Abstimmung, Beweisaufnahme, Strafzumessung, besondere Arten von Kriminalität usw.) sowie die ethischen Grundlagen des Amtes (Unabhängigkeit, Unvoreingenommenheit, Verantwortung usw.) kennen.

    10. Die PariJus gGmbH wird Sie während der Schöffenwahl begleiten und auf die Interessenten zugeschnittene Video-Clips über Schöffen-TV anbieten. Darüber hinaus werden die Bücher „Fit fürs Schöffenamt“ in einer Neuauflage erscheinen. Ergänzend zu den Präsenz-Veranstaltungen der Gerichte und Organisationen wird PariJus Online-Informationen zu bestimmten Themen entwickeln. Sie können gerne Vorschläge machen, was Sie interessiert.


  • Rechtliche Stellung der Schöffinnen und Schöffen

    Die ehrenamtlichen Richter in der Strafgerichtsbarkeit führen aus traditionellen Gründen die besondere Bezeichnung "Schöffe" (§ 45a DRiG). Das Schöffenamt ist – wie alle richterlichen Ehrenämter – das wohl anspruchs- und verantwortungsvollste Amt, das der Staat den Bürgerinnen und Bürgern übertragen kann. Sie greifen mit ihrer Mitwirkung und ihrer Stimme in Grundrechte anderer Menschen ein: Freiheit der Person, Eigentum und Würde. Das Amt zeichnet sich durch folgende Grundsätze aus, die verdeutlichen, dass es sich nicht um ein demokratisches Mäntelchen handelt, sondern um echte Mitwirkung an den Entscheidungen der Dritten Gewalt gegenüber Angeklagten, Geschädigten und Öffentlichkeit.

    1. Gleichberechtigte Teilnahme an der Hauptverhandlung

    Nach § 30 und § 77 GVG nehmen die Schöffen an der Hauptverhandlung in gleichem Umfang und mit gleicher Stimme teil wie die Berufsrichter. Diese Regelung beinhaltet drei Elemente:

    Schöffen sind in der Hauptverhandlung Richter wie die Berufsrichter auch.Sie wirken sowohl an dem Urteil als auch an den anderen Entscheidungen über das Verfahren im Laufe einer Hauptverhandlung mit.Sie sind nur dann nicht an einer Handlung oder Entscheidung beteiligt, wenn dies ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist.

    Daraus folgt zwangsläufig, dass Schöffen die gleiche Verantwortung für die Entscheidungen tragen wie die Berufsrichter – ob dem Angeklagten die Tat in der Beweisaufnahme ohne vernünftige Zweifel nachgewiesen wurde, welche Sanktion angemessen erscheint, ob ein Heranwachsender als Jugendlicher oder als Erwachsener zu beurteilen ist usw.

    Das gilt für alle Schöffen. Die wenig glückliche Unterscheidung in Haupt- und Ersatzschöffen stellt keinen Unterschied der Ämter dar, sondern beschreibt eine unterschiedliche Heranziehung zum Sitzungsdienst.

    Hauptschöffen werden jeweils zum Jahresende auf die Sitzungstage des Gerichts im folgenden Jahr ausgelost. Ihnen werden die (möglichen) Termine, an denen eine Hauptverhandlung mit ihnen beginnen kann, für das ganze Jahr im Voraus mitgeteilt und sie können ihre Zeitplanung darauf ausrichten.Ersatzschöffen (früher: Hilfsschöffen) werden hauptsächlich für Vertretungsfälle herangezogen, in denen ein Hauptschöffe von der Teilnahme an einer Hauptverhandlung ausgeschlossen war oder entbunden wurde. Die Ladung kann kurzfristig, evtl. sogar unmittelbar vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgen. Zudem werden Ersatzschöffen benötigt, wenn im Laufe des Jahres ein neuer Spruchkörper beim Gericht eingerichtet oder eine Person auf der Hauptschöffenliste gestrichen wird (z. B. wegen Umzugs, Todes oder eines nachträglich geltend gemachten Ablehnungsgrundes).Ergänzungsschöffen werden der Ersatzschöffenliste entnommen. Sie sitzen in (länger andauernden) Umfangsverfahren von Beginn an für den Fall des Ausscheidens eines Hauptschöffen „in der zweiten Reihe“, dürfen auch Fragen stellen, nehmen aber nicht an der Beratung des Gerichts teil. Erst wenn ein Hauptschöffe ausfällt, erhält der nachrückende Ergänzungsschöffe alle Mitwirkungsrechte.

    2. Einfluss auf Verfahren und Urteil

    In der Beweisaufnahme haben Schöffen das Recht, Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu stellen, entscheiden mit über Beweisanträge und geben selbst Anregungen zur Beweisaufnahme (z. B. zur Vernehmung von Zeugen, Einholung eines weiteren Gutachtens). In Fällen, in denen zunächst der Vorsitzende als Sitzungsleiter allein entscheidet, kann von Verfahrensbeteiligten die Entscheidung durch das Gericht beantragt werden. Die Schöffen entscheiden dann auch mit über Verfahrensfragen (z. B. über die Zulässigkeit von Fragen), ggf. sogar gegen den Vorsitzenden.

    Entscheidungen über die Schuld – ob die Tat dem Angeklagten nachgewiesen werden kann – und über die Rechtsfolgen der Tat (Strafe, Maßregeln der Besserung und Sicherung, Strafaussetzung zur Bewährung usw.) bedürfen einer Zwei-Drittel-Mehrheit (§ 263 StPO). Im Schöffengericht beim Amtsgericht können demnach die Schöffen sämtliche Fragen theoretisch gegen den Vorsitzenden entscheiden. Kommt in Spruchkörpern mit einer 2:2- oder 3:2-Besetzung keine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande, gilt immer die mildere Maßnahme als beschlossen – in letzter Konsequenz bei einer Abstimmung über die Strafbarkeit des Angeklagten bei einer (nur) 3:2-Mehrheit für eine Verurteilung also ein Freispruch. Auch in den Strafkammern des Landgerichts gilt: Gegen die Stimmen beider Schöffen kann niemand verurteilt werden. Das gilt ebenso für die „Verständigung über Verfahren und Urteil“ (sog. Deal). Gerade beim „Aushandeln“ der Folgen einer Straftat haben Schöffen die Aufgabe, allgemeine Gerechtigkeitsvorstellungen von der Reaktion auf diese Taten einzubringen. Schöffen müssen sich zu jeder Entscheidung eine Auffassung bilden. Stimmenthaltung ist nicht zulässig.
    Über Verfahrensfragen (Vereidigungsverbot, Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht, Vertagung usw.) wird mit einfacher Mehrheit entschieden bzw. entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden.

    3. Pflichten der Schöffen

    Die Schöffen sind zur Teilnahme an der Hauptverhandlung verpflichtet. Hiervon können sie nur entbunden werden, wenn sie

    • durch bestimmte gesetzliche Gründe (z. B. bei Verwandtschaft mit Zeugen oder Angeklagten, eigener Betroffenheit von der Tat) oder
    • wegen einer Besorgnis der Befangenheit

    ausgeschlossen sind oder vom Vorsitzenden von der Teilnahme befreit wurden, weil

    • sie (körperlich) verhindert sind, bei Gericht zu erscheinen (Unfall, Krankheit usw.), oder
    • ein Erscheinen bei Gericht nicht zuzumuten ist (weit entfernte Abwesenheit durch Urlaub, unaufschiebbare berufliche Verpflichtung u. Ä.).

    Ansonsten müssen persönliche Verpflichtungen und Interessen hinter dem Schöffendienst zurückstehen. Die Entbindung von der Teilnahme wird sehr streng gehandhabt, weil nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG niemand seinem gesetzlichen Richter (zu dem auch die Schöffen als Mitglieder des zuständigen Spruchkörpers gehören) entzogen werden darf. Die Schöffen müssen an allen Sitzungstagen teilnehmen, selbst wenn sich die Verhandlung über Monate erstreckt, was insbesondere beim Landgericht bei Kapitaldelikten (Mord, Totschlag usw.) oder Wirtschaftsstrafsachen nicht selten passiert. Da eine Hauptverhandlung in der Regel für nicht länger als 21 Tage unterbrochen werden darf, müssen Schöffen ggf. sogar einen Urlaub unterbrechen, um an einer Fortsetzungsverhandlung teilzunehmen.
    Schöffen haben – wie die Berufsrichter – die Pflicht, ihr Amt unvoreingenommen, neutral und ohne Vorurteile auszuüben. Solange keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt, gilt die Unschuldsvermutung. Sie dürfen sich weder von Zu- oder Abneigungen noch von der Berichterstattung in der Presse beeinflussen lassen.

    4. Haftung

    Auf die Schöffen sind die für Berufsrichter geltenden straf- und zivilrechtlichen Regeln über die Haftung anzuwenden. Für ein „falsches“ Urteil, das in der Berufungs- bzw. Revisionsinstanz aufgehoben oder abgeändert wurde, kann ein Schöffe zivilrechtlich nicht auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Wie für den Berufsrichter gilt das sog. Spruchrichterprivileg (§ 839 Abs. 2 BGB). Ein Richter haftet nur dann für einen Schaden, wenn er eine strafbare Pflichtverletzung begangen hat (Rechtsbeugung). Auch strafrechtlich sind Schöffen wie die Berufsrichter verantwortlich und können als Amtsträger wegen Bestechlichkeit (§ 332 StGB), Rechtsbeugung (§ 339 StGB) oder Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) zur Verantwortung gezogen werden.

    5. Schutzrechte

    Nach § 45 Abs. 1a DRiG darf der Schöffe weder in der Übernahme oder Ausübung des Amtes beschränkt noch wegen der Übernahme oder Ausübung des Amtes benachteiligt werden;ist er für die Zeit der Tätigkeit bei Gericht vom Arbeitgeber von der Arbeitsleistung freizustellen;ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Übernahme oder der Ausübung des Amtes unzulässig.

    Natürlich ist der Schöffe auch gegen Kündigungen geschützt, die auf andere Gründe als das Schöffenamt gestützt werden, aber unausgesprochen das Ehrenamt meinen. Allerdings ist der Schöffe dafür beweispflichtig. Da weitergehende Schutzrechte durch Landesrecht zulässig sind (§ 45 Abs. 1a Satz 4 DRiG), lässt in Brandenburg Art. 110 der dortigen Landesverfassung die Kündigung eines ehrenamtlichen Richters nur dann zu, wenn Gründe für eine außerordentliche (fristlose) Kündigung vorliegen.

    6. Entschädigung

    Schöffen erhalten für ihre Tätigkeit kein Entgelt. Sie werden nur für Nachteile, die durch ihre Heranziehung entstanden sind, nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (§§ 1-7, 15-18 JVEG) entschädigt für

    • Verdienstausfall (§ 18 JVEG), jedoch nur bis zu 29,00 €/Std. (brutto einschließlich des Arbeitgeberanteils für Sozialabgaben) und maximal für 10 Stunden pro Sitzungstag. Der Höchst-Stundensatz kann sich in sehr langen Verfahren erhöhen, jedoch immer nur bis zur Höhe des tatsächlichen Verdienstausfalls;
    • Zeitversäumnis (§ 16 JVEG) in Höhe von 7,00 €/Std. für die gesamte Dauer der Heranziehung, d. h. vom Verlassen der Wohnung oder der Arbeitsstätte bis zur Rückkehr dorthin. Schöffen, die nicht am Sitz des Gerichts wohnen oder arbeiten, erhalten auch ein Tagegeld (§ 6 JVEG), wenn ihre Abwesenheit mindestens 8 Stunden dauert;
    • Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 17 JVEG), wenn der Schöffe nicht berufstätig ist und einen Haushalt für mindestens zwei Personen führt, in Höhe von 17,00 €/Std. (ausgeschlossen sind Personen mit einem Erwerbsersatzeinkommen wie Rente, Arbeitslosengeld usw.);
    • Teilzeitarbeit, d. h. Verdienstausfall für entgangenen Verdienst während der Arbeitszeit und Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung während der „Freizeit“;Fahrtkosten (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG) von 0,42 € pro gefahrenen Kilometer.sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), die insbesondere durch eine Vertretung oder eine Begleitperson entstehen.

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